Presseerklärung der „antifa nt“ zu den Protesten gegen die Veranstaltung des Literaturhauses mit Thilo Sarrazin in der Münchner Reithalle

München, 29.9.2010

Am Abend des 29. September haben etwa 200 Personen auf unserer antirassistischen Kundgebung gegen die Veranstaltung des Münchner Literaturhauses mit Thilo Sarrazin vor der Reithalle protestiert. Wir werten die hohe Zahl an Teilnehmer_innen als Erfolg. Es konnte damit ein deutliches Zeichen gegen die Sagbarkeit von Sarrazins rassistischen Thesen gesetzt werden.
Dass das Literaturhaus trotz der vorangegangenen Proteste nicht nur an der Veranstaltung festhielt, sondern sie sogar noch in einem größeren Rahmen stattfinden lies, überrascht uns nach den bisherigen Statements der Veranstalter_innen zwar nicht, zeigt aber klar, dass das Literaturhaus die von vielen Seiten geäußerte Kritik nicht verstanden hat.
Wir wiesen mehrfach darauf hin, dass mit dem Festhalten an einer Veranstaltung mit Thilo Sarrazin rassistische und elitäre Ressentiments in den Rang des Sagbaren und Diskutablen erhoben werden. Daran ändert auch die Teilnahme weiterer Personen auf dem Podium rein gar nichts.
Wir glauben, dass dies gerade vor dem Hintergrund zunehmender rassistischer Tendenzen gegen Muslim_innen in Deutschland und ganz Europa extrem problematisch ist.
Im Laufe der Kundgebung wurde in verschiedenen Redebeiträgen die Person Sarrazin, seine rassistische Hetze und die daran anknüpfende gesellschaftliche Debatte kritisch beleuchtet. Das Verhalten der Polizei, die Platzverweise für vermeintliche Sarrazin-Gegner_innen auf den zur Reithalle führenden Straßen verteilte, finden wir genau so skandalös wie bezeichnend. Dass dennoch einige Leute während der Veranstaltung ein kritisches Transparent entrollten und somit den Protest auch in den Veranstaltungsort selbst trugen, begrüßen wir ausdrücklich.
An der Veranstaltung nahmen auch Neonazis der Bürgerinitiative Ausländerstopp und der NPD mit einem Transparent („Sarrazin hat Recht“), sowie Mitglieder der Republikaner und einer Gruppierung, die sich um das rassistische Internetblog Politically Incorrect (PI) zusammengefunden hat, teil. Dies zeigt deutlich, welches Publikum das Literaturhaus mit solch einer Veranstaltung anspricht.
Dazu Sonja Erikson (Pressesprecherin der antifa nt):
„Wir sind mit unserer Kundgebung und der Mobilisierung sehr zufrieden. Es ist und bleibt ein Skandal, dass das Literaturhaus trotz vielfältiger Proteste im Vorfeld an einer Veranstaltung mit dem Rassisten Sarrazin festgehalten hat. Dies zeigt deutlich, wie wichtig dauerhaftes antirassistisches Engagement ist.“
Für weitere Nachfragen stehen wir selbstverständlich unter antifa-nt[at]riseup.net zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Sonja Erikson (Pressesprecherin der antifa nt)