Am Donnerstag, den 30. Juni geht die Veranstaltungsreihe Grande Union Abgrund in die nächste Runde:
Imperialismus oder Hegemonie? Krise und Kräfteverhältnisse in Europa
David Salomon, Stefanie Wöhl, Fabian Georgi
Die EU ist nicht mehr sexy. Prekarisierung in ihrem Herzen, Armut und Verelendung in der Peripherie und das Sterben an den Außengrenzen. Nach sieben Jahren Wirtschaftskrise scheinen Utopien wie Frieden, Humanität und Solidarität dem vergangenen Jahrhundert anzugehören. Oft wird geklagt, der europäische Integrationsprozess sei auf einem Tiefpunkt angekommen. Aber macht es Sinn, die verschütteten Visionen einer Wertegemeinschaft gegen die repressive Agonie der Währungsunion in Stellung zu bringen? Weil das Trauerspiel eine Vorgeschichte hat, aber das Drehbuch für die Zukunft noch nicht geschrieben wurde, stellt sich dringlicher denn je die Frage, wie der Umbau des europäischen Projektes zu begreifen ist. Die Veranstaltung widmet sich deshalb den Ursachen der Eurokrise und fragt, wie die dominierenden Formen der Krisenbearbeitung innerhalb der politischen Kräfteverhältnisse des 21. Jahrhunderts angemessen analysiert und kritisiert werden können. Sowohl im politischen Diskurs als auch in der wissenschaftlichen Debatte gibt es diesbezüglich unterschiedliche Deutungen und Theorien. Auf dem Podium sollen drei verschiedene Perspektiven aus den kritischen Sozialwissenschaften vorgestellt und an elementaren Problematiken der Krisenanalyse diskutiert werden. Lässt sich das europäische Krisenregime beispielsweise als Reaktion auf die machtpolitische Erosion des Westens und als Ausdruck einer neuen Phase imperialistischer Konkurrenz lesen? Oder ist die Austeritätspolitik in erster Linie ein Hegemonieprojekt, welches ebensogut in Frage gestellt werden kann? Welche Chance haben die vor allem in der europäischen Peripherie geführten sozialen Kämpfe, die sich gegen eine Abwälzung der Krisenfolgen auf die sozial Schwächsten und für eine Demokratisierung der Gesellschaft einsetzen? Oder sollte angesichts der zunehmenden Ökonomisierung und Privatisierung von Pflege und sozialer Fürsorge nicht zu allererst die neoliberale Transformation der Staatlichkeit in ihren Auswirkungen auf die Geschlechterverhältnisse kritisch in den Blick genommen werden? Und manifestierte sich die ‚Vielfachkrise‘ schon lange vor dem ’summer of migration‘ nicht auch in einer Krise des europäischen Grenzregimes, auf die es bislang keine humane Antwort gibt?
Do, 30.06.2016, 19.00 Uhr, LMU Hauptgebäude, Hörsaal M018