We name it.
Rechten und rassistischen Terror benennen!
München, 22. Juli 2016, ein heißer Sommertag, beinahe schon Ferienstimmung. Es ist der fünfte Jahrestag der rechten Terroranschläge in Oslo und Utøya, doch daran denkt fast niemand. Am späten Nachmittag ändert sich die Stimmung schlagartig. Polizei- und Rettungsfahrzeuge rasen plötzlich kreuz und quer durch die Stadt, mehrere Hubschrauber ziehen am Himmel auf, Smartphones vibrieren durchgehend: Push-Nachrichten und SMS, Schießerei am Olympiaeinkaufszentrum im Norden der Stadt, alles okay, geht gut, keine Sorge, bin ganz woanders.
Wenige Tage nachdem ein Attentäter in einem Zug nahe Würzburg, im Norden des Freistaats, mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen hat, scheint es, als wäre der dschihadistische Terror nun auch in München angekommen. München, die Stadt, die im Spätsommer und Herbst des vorangehenden Jahres zum Symbol offener Grenzen und der unaufhaltsamen Kraft der Migrationsbewegung geworden ist. München, der Hauptbahnhof, internationaler Showroom (vermeintlich) menschenfreundlicher Migrationspolitik. Bereits ein gutes halbes Jahr zuvor, in der Silvesternacht 2015 / 2016, stand er im Zentrum polizeilicher Anti-Terrormaßnahmen: bei deutschen Geheimdiensten war die Meldung eines unmittelbar bevorstehenden Terroranschlags eingegangen, Evakuierung des Bahnhofs und die polizeiliche Aufforderung Menschenansammlungen zu meiden, Ausnahmezustand. Schon bald die Entwarnung, Fehlalarm, unzuverlässige Quelle, alles halb so wild.
Nun, sechseinhalb Monate später, ist nichts mehr halb so wild, ein Attentäter habe in und um das Olympiaeinkaufszentrum mehrere Menschen erschossen und sei auf der Flucht, von weiteren bewaffneten Attentätern in der Innenstadt ist die Rede. Später wird sich herausstellen, dass es sich bei ihnen um ungekennzeichnete Zivilpolizisten handelt, die mit gezogener Waffe unterwegs sind. Massenpanik, viele Verletzte. Die Polizei ruft alle Menschen auf, die Öffentlichkeit zu meiden, an den bayerischen Landesgrenzen und der Grenze zu Tschechien werden Grenzkontrollen aufgezogen, an der deutsch-österreichischen Grenze bestehen sie bereits – zur Schließung der Balkanroute. Anti-Terror-Einheiten aus mehren Bundesländern und aus Österreich werden im Stadtgebiet zusammengezogen. Währenddessen kennen die Medien kein anderes Thema und als eigentlich niemand irgendetwas wirklich weiß, wissen einige schon allzu gut Bescheid: André Poggenburg, AfD-Rechtsaußen und sachsen-anhaltinischer Fraktionsvorsitzender twittert: „Merkel-Einheitspartei: danke für den Terror in Deutschland und Europa!“. Aus Merkels eigener Partei folgen ähnliche Stimmen, „Das muss der Wendepunkt sein: Die Willkommenskultur ist tödlich. Es geht um unser Land!“ erklärt ein sächsischer CDU-Politiker, der seine Chance gekommen sieht. Einige Medien berichten, der Schütze haben während der Tat „Allahu akbar“ gerufen, die Sache scheint klar. Die Gleichung Terror = islamistischer Terror wirkt, sie wirkt unfassbar plausibel. Nun ist er da, der islamistische Terror, den der rechte Mob mit heimlicher Vorfreude, viele andere mit großer Angst schon erwartet haben. (weiterlesen)
Antifaschistische Demonstration anlässlich des OEZ-Prozesses.
Sa. 23.9.17, 15 Uhr, Nymphenburger/Sandstraße, München.