Feindbestimmung

Diesen Beitrag über rechten Terror haben wir der 124. Ausgabe des Antifaschistischen Infoblattes beigesteuert. Wir haben ihn anlässlich der Ermordung von Walter Lübcke verfasst. Das Magazin erschien wenige Tage vor dem Anschlag in Halle.
»Merkel, the mother of all things anti-white and anti-germanic, is top of the list. Few have done more to damage and racially cleanse Europe of its people« – so schrieb es der australische Rechtsterrorist Brenton Tarrant, der am 15. März dieses Jahres im neuseeländischen Christchurch in zwei Moscheen 51 Menschen erschoss. Seinem Manifest gab er den Titel »The Great Replacement«. Knapp ein halbes Jahr zuvor ermordete der US-amerikanische Rechtsterrorist Gregory Bowers in Pittsburgh elf Menschen, die in einer Synagoge am Shabat-Gottesdient teilnahmen. Wie Tarrant war auch er überzeugt, ein Genozid gegen die »weiße Bevölkerung« sei im Gange, verantwortlich dafür, so schlussfolgerte er im antisemitischen Wahn sei eine »jüdische Verschwörung«.

Schlussstriche und andere Kurzschlüsse

Nachdem bekannt wurde, dass es der Neonazi Stephan Ernst war, der den CDU-Politiker und Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen Kopfschuss hingerichtet hatte, twitterte Peter Altmaier, Wirtschaftsminister und CDU-Parteifreund Lübckes: »Wenn die Berichte zum Fall #Lübcke zutreffen, dann war es ein kaltblütiger rechtsextremer Mord. Das haben wir seit den NSU-Morden nicht mehr für möglich gehalten.« Während viele Parteifreund_innen des Ermordeten einfach schwiegen oder aktiv an der Rechtsverschiebung mithalfen, hatte Altmaier eine naheliegende Assoziation: die Morde des NSU. Doch »seit den NSU-Morden« – und hier setzt Altmaiers Erkenntnis wieder aus – habe man dies nicht mehr für möglich gehalten. Altmaier verfängt sich in der Logik des Schlussstrichs: nach dem NSU – Uwes tot, Zschäpe hinter Gittern – hätten wir das nicht mehr für möglich gehalten. Wir hingegen schon, möchte man ihm entgegnen, wir, die wir den Schlussstrich nicht gezogen haben. Denn wenn es einen Schluss gab, den man aus dem NSU-Komplex ziehen musste, dann wohl diesen: dass die Gefahr durch rechtsterroristische Netzwerke nach dem NSU nicht vorüber ist – im Gegenteil. (weiterlesen)