Gegen queer- und transfeindliche Hetze und den rechten Schulterschluss

Eigentlich geht es um etwas recht Banales: Kindern soll in den Räumen der Münchner Stadtbibliothek aus einem Buch vorgelesen werden.
Was noch vor einiger Zeit für keinerlei Furore sorgte, wird nun von einer Allianz rechter und reaktionärer Akteure zum Anlass genommen, Aufregung zu generieren und ihre Kulturkampf-Agenda zu pushen. Stein des Anstoßes: es lesen zwei Dragkünstler*innen zusammen mit einer trans Jungautorin. 
Wir rufen dazu auf, dieser queer- und transfeindlichen Hetze entgegenzutreten und die Rechten zu vergraulen.
Während die lokale CSU seit Tagen am Rad dreht, fordert der notorische Twittertroll Aiwanger gleich die Absage. Und weil sich offenbar kein rechter Arsch diesen Agitionsaufhänger entgehen lassen will, trommelt nicht nur das Spektrum aus Corona- und Putinfans zur Gegenkundgebung, auch das parteiförmig organisierte Rückgrat der deutschen Patchworkrechten, die AfD, hat bereits eine Veranstaltung in der Nähe angemeldet. So absurd das Ganze angesichts des Anlasses auch wirken mag, so wichtig ist es, die Bedrohung, die von dieser Szenerie ausgeht, in ihrem ganzen Ausmaß ernst zu nehmen und dagegen vorzugehen.

Wir befinden uns in einer bedrohlichen Situation. Viele Teile der Öffentlichkeit haben die Lüge einer angeblichen gutmenschlichen Cancel Culture und der Schreckensherrschaft der Wokeness bereits übernommen. Damit leisten sie der rechten Programmatik des Angriffs auf Queers, trans Menschen und alle, die nicht in das reaktionäre Weltbild passen, Vorschub. Es ist erschreckend zu sehen, wie weit sich der gesellschaftliche Diskurs mittlerweile nach Rechts verschoben hat, wie der Erfolg des Terminus „Frühsexualisierung“ zeigt. Einst als rechter Kampfbegriff gegenüber Gleichstellung, Sexualerziehung und Diversityprogrammen erfunden, findet er sich nun rechtzeitig zum Landtagswahlkampf auch im neuen CSU Grundsatzprogramm. Im Kontext der geplanten Lesung dient dieser Begriff dazu, Menschen, die außerhalb der binären und hetero- cisgeschlechtlichen Norm leben, in die Nähe von Pädophilie zu rücken.
Indem Rechte bewusst keine Unterscheidung zwischen Drag-Performances und Transidentität treffen, negieren sie die Existenz von trans Menschen und zielen auf eine generelle Feindschaft gegen jede Abweichung von der propagierten Normalität ihres reaktionären Gesellschaftsprogramms.
Um maximale Emotionalisierung des Themas bemüht, bedienen sich die Rechten dabei der Urform des moralischen Aufregertums: kann denn nicht einmal jemand an die Kinder denken?! Um diese Welle der Empörung und das Zusammentreffen so unterschiedlicher rechter Akteur*innen zu verstehen, ist es wichtig zu begreifen, welche Konjunktur Queer- und Transfeindlichkeit derzeit erfährt – und das nicht nur in Deutschland, sondern global. Als Vorbild der Proteste im gutbürgerlichen München-Bogenhausen dienen die Aktionen gegen eine ähnliche Lesung im April in Wien. Dank eines breiten und entschlossenen Gegenprotests konnte die Lesung stattfinden. Die Rechten schafften es aber, für Wirbel zu sorgen und andere zu inspirieren. Global sind Drag- und Transfeindlichkeit zum rechten Betätigungsfeld schlechthin geworden, nicht aus Zufall sondern strategischen Überlegungen geschuldet und kampagnenförmig organisiert.

Aufgezogen als Kulturkampf werden klassisch rechte Themen angespielt, wie das der Dekadenz, des geistig-moralischen Niedergangs und der generellen Verderbtheit der Welt. Hierbei geht es nicht nur um die Ausweitung des Agitationsradius auf alltagskulturelle Aspekte und somit um eine Verbreitung der eigenen Themen bei potentieller Anhänger*innenschaft. Gerade Transfeindschaft ist eines der Schlüsselthemen, über das Menschen aktuell Zugang in die politische Rechte finden. Es ist hierbei elementar, das nicht nur als diskursive oder ideologische Angelegenheit zu begreifen. Es geht auch um praktische Politik, die schlichtweg die Verbannung nicht heteronormativer Menschen aus der Öffentlichkeit verfolgt.

Nicht zuletzt führen die eskalative Sprache und die inszenierten Bedrohungsbilder zu einer generellen Enthemmung und legitimieren Gewalt gegenüber ihren Gegner*innen und Opfern. Gerade im Fall der Transfeindlichkeit trifft das leider auf allzu fruchtbaren Boden.

Umso wichtiger ist es, den rechten Attacken einen breiten Widerstand entgegen zu setzen: Am 13. Juni vor der Stadtbibliothek und auch sonst und immer und überall, ob im Netz oder auf der Straße.

Any gender is a drag! Kommt zu den Gegenprotesten und lasst uns gemeinsam die Rechten vergraulen!

13. Juni: 15:30 Rosenkavalierplatz (vor der Stadtbibliothek)