Programmzelt auf dem Mobilitätswendecamp

Vom 5. bis zum 10. September 2023 läuft im Luitpoldpark das Mobilitätswendecamp, als Teil der Proteste gegen die IAA. Im Programmzelt von no future und antifa nt erwarten euch Veranstaltungen zur grundsätzlichen Kritik des Kapitalismus, antiautoritäre Perspektiven der Klimabewegung, zum Zusammenhang von Mobilität, Raum und sozialer Ungleichheit oder zur rechten Agitation gegen die Klimagerechtigkeitsbewegung.


Programm:

Dienstag, 05.09.:


19:00: Die Shitshow der Autoindustrie crashen!

No Future For IAA

Die Autoindustrie veranstaltet an der Messe und vielen öffentlichen Plätzen Münchens ein riesiges Greenwashing-Event. Aber nicht mit uns! Wir nehmen die Moblilitätswende selbst in die Hand – feministisch, antikapitalistisch und antirassistisch. Zur Eröffnung des Camps wollen wir mit euch die Aktionen gegen die letzte IAA Revue passieren lassen und euch einen Ausblick geben was euch dieses Jahr erwartet: auch dem Camp, in der Stadt – und darüber hinaus. Lasst uns gemeinsam diese Promo-Show für den automobilen Kapitalismus zu vermiesen!


Mittwoch, 06.09.:


15 Uhr: „Das ist unser Haus“ – Zur Geschichte und Theorie des Häuserbesetzens

Happy Housing Collective

Ausgangspunkt des Vortrags ist die versuchte Hausbesetzung, während der letzten IAA, die als Teil des Widerstands gegen die Raumnahme der Automobilindustrie in München einen Fokus auf städtische Probleme lenkte. Gerade in der Isarcity in der Konsum- und Verwertungsfreie Räume besonders rar gesät und überwacht sind bietet sich nun erneut die Möglichkeit den Kampf der Klimabewegung mit urbanen Problemen und Fragestellungen anzureichern („Mietwahnsinn“, Verdrängung und Aufwertung, fehlende Freiräume, (Auto-)Mobilität, Kommunale Selbstverwaltung usw.). Eine Überlegung ist dabei das es gerade diese Probleme und Fragestellungen sind, die es dem Protest gegen die IAA ermöglichen könnten über einen reines Gipfelevent hinauszuwachsen und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse in der Stadt zu verändern.
In diesem Sinne soll der Vortrag eine Möglichkeit bieten die Praxis und Theorie des Häuserbesetzens historisch zu reflektieren. Dabei sollen Einblicke in das Denken und Handeln der deutschsprachigen Haubesetzer*innenbewegung des 20. Jahrhunderts eine gemeinsame Diskussion über Vergangenheit und Zukunft dieser Praxis bieten. Zentral soll also die Frage sein welche (revolutionäre) Perspektive das Hausbesetzen damals für die Kämpfenden bot. Ist diese in Anbetracht der zugespitzten Wohnraumfrage nun aktueller denn je geworden oder wurde Sie uns durch die Staatsmacht fast endgültig verschlossen?


18 Uhr: Communize Care – Wege aus der Krise der Reproduktion!

eklat Münster

Welche Rolle spielt Reproduktions- und Carearbeit im Kapitalismus? Was bedeutet eigentlich die Ökonomisierung des Gesundheitswesens? Was sind Global Care Chains und wie verbinden sich Neokolonialismus und die kapitalistische Abwertung von Sorgearbeit? Warum wird Carearbeit in den meisten Fällen überhaupt nicht entlohnt und wie könnte Pflege in einer besseren Welt aussehen?
Diese und weitere Fragen sollen im Workshop beantwortet werden. Außerdem stellt sich für uns die Frage, welche Rolle die (radikale) Linke in Arbeitskämpfen im Care-Sektor einnehmen kann. Hierzu schildern die Genoss:innen von Eklat ihre Erfahrungen, die sie am Uniklinikum in Münster während des 77-Tage langen Streiks sammeln konnten. Denn die vergangenen Erfolge der Arbeitskämpfe in NRW und der Berliner Krankenhausbewegung, wie auch aktuelle und künftige Entlastungskämpfe wie zum Beispiel in Marburg und Gießen unterstreichen die Notwendigkeit einer Unterstützung politischer Kämpfe im deutschen Pflegesektor.


Donnerstag 07.09.:

13 Uhr: Tesla den Hahn abdrehen!

Workshop von Elster und Marie

Die Klimakrise schreitet voran – und auch um die Ecke des Braunkohlereviers in der Lausitz verdichtet sich ein Standort der globalen Automobilindustrie zu einem Ort der Zerstörung. Nach der ersten Ausbaustufe sollen auch weitere Flächen des Waldes im brandenburgischen Grünheide einem Anbau der Tesla-Batteriefabrik weichen. Während der Wasserbedarf durch andauernde Hitzeperioden auch in privaten Haushalten steigt, wird die Wasserversorgung für eben jene private Haushalte gedeckelt. Dieser Bedarf steht in direkter Konkurrenz mit dem Wasserverbrauch in der Gigafactory, welcher schon jetzt enorm hoch ist. Für die Batterien der angeblich grünen Autos werden durch Lithiumabbau u.a. in Südamerika ganze Landschaften verwüstet und die Lebensgrundlage der Menschen dort zerstört.
Kommt zum Workshop, um zu erfahren, wie sich bereits jetzt verschiedene Gruppen im Kampf gegen den Ausbau der Giga-Factory vernetzt haben und in einem gemeinsamen Austausch zu Kämpfen für eine klimagerechte Mobilität zu kommen. Wir freuen uns auf euch!


15 Uhr: Zwischen Zynismus und Apokalyptik – das unglückliche Bewusstsein der Klimakatastrophe.

Gruppo Sinistra

Während sich ein Hitzerekord an den anderen reiht, ein Waldbrand den anderen jagt, eine Überschwemmung die Ruinen der vorangegangenen überspült, tut sich bei der Bewältigung der Klimakatastrophe weiterhin das, was sich seit langem tut: nichts – zumindest daran gemessen, was nötig wäre. Aus kommunistischem Standpunkt, von dem aus das Ganze angeschafft werden müsste, um der Klimakrise überhaupt etwas entgegenzusetzen, kann das nicht verwundern. Was hingegen verwundern kann, ist, dass sich nicht nur im öffentlichen Mainstream, sondern auch in unterschiedlichsten Teilen der Klimabewegung weiterhin der glaube daran hält, dass ‚den Menschen‘ die Folgen der Klimakrise verdeutlicht werden müssten, es mehr Aufklärung bedarf und spätestens zum Zeitpunkt, an dem die Folgen der Klimakrise auch für die Menschen im globalen Norden unleugenbare Konsequenzen hat, auch die Letzten zu besserer Einsicht kommen werden. Doch ignoriert diese Ansicht nicht nur die politökonomische Konstellation und Klassenzusammensetzung der Gegenwart, sondern auch die ideologische Begleitmusik von diesen: ein autoritär-zynisches Bewusstsein, dem angesichts der aggressiven Leugnung jeglicherAlternativen jede Bedrohung nur ein Grund mehr für die autoritäre Verteidigung des Status quo und der eigenen Lebensweise ist – und das gegen eine immer größere imaginierter Bedrohungen bzw. Feinde, seien es Feministinnen, Klimaaktivisten, Geflüchtete oder selbst nur mäßige sozialdemokratische Forderungen.
Weder mehr Informationen, noch die immer emotionalere Berufung auf apokalyptische Szenarien kommt gegen dieses Bewusstsein und seinen Status quo an, beides baut vielmehr immer schon darauf auf, dass es schlecht ist und nur schlimmer werden kann. Für sozialökologische Bewegungen ist damit auch die Frage gestellt, wie man eine Politisierung bewirken kann.


17 Uhr: „… das einfache was schwer zu machen ist“ – Grundzüge einer kommunistischen Utopie.

redical M Göttingen

Nicht nur weil sich die Klimakrise im Kapitalismus nicht vernünftig lösen lässt ist klar: Es muss ums Ganze gehen. Aber wie können wir uns das ganz Andere, den Kommunismus, vorstellen? In diesem Workshop wollen wir zunächst einige grundlegende Überlegungen zum Nachdenken über Utopie anstellen, und danach Ansprüche und Grundzüge einer kommunistischen Reproduktionsweise zur Diskussion stellen. Wer vom Kommunismus redet, darf von dessen Umschlagen in Terrorherrschaft im sogenannten Realsozialismus nicht schweigen. Deshalb werden wir auch auf unsere Kritik am Staatssozialismus eingehen und darlegen, wie sich ein antiautoritärer Kommunismus davon unterscheiden muss. Abschließend werden darauf eingehen, wie die Klimakrise den Kommunismus nicht nur zu einer besonders dringlichen Notwendigkeit macht, sondern ihn auch vor neue Fragen stellt – gerade was die Rolle der Technik angeht.


18:30 Uhr: Nichts ist unmöglich: Für ein Ende des Automobilen Kapitalismus.

ums Ganze!

Shut up and Drive: die ungebändigte Zerstörungswut des Kapitalismus zeigt sich besonders in der Automobilindustrie. Über 1/5 der Co2 Emissionen entfallen auf den Straßenverkehr, Tendenz steigend. Die Autoindustrie ist eine Klimakillerin – und ein Riesengeschäft. In Deutschland ist sie der größte Industriezweig, jährlich werden hier hunderte Milliarden Euro umgesetzt. Die massenhafte Verbreitung des Autos ist eine deutsche und globale Erfolgsgeschichte. Aber: eine autofreie Zukunft und Mobilität als öffentlicher Luxus sind möglich. In unserem Vortrag möchten wir mit euch über unsere Auto–Broschüre, über Tesla in Grünheide, imperiale Lebensweisen und die scheinbare Selbstverständlichkeit, ein Auto zu fahren, diskutieren.


Freitag 08.09.:

16 Uhr: Das Klima des Kapitals: Gesellschaftliche Naturverhältnisse und Ökonomiekritik.

Buchvorstellung und Diskussionsveranstaltung mit Moritz Zeiler

Der Zwang zur Profitmaximierung untergräbt nach Marx permanent die Quellen allen gesellschaftlichen Reichtums: Natur und Arbeit. Exzessiver Raubbau durch kommerzielle Landwirtschaft, massive Verschmutzung von Luft, Boden und Wasser durch die Industrie und rapide ansteigende Erderwärmung infolge enormen Energieverbrauchs haben fatale Folgen für das globale Klima. Ein Green New Deal wird bestenfalls zur Modernisierung des Kapitalismus führen, jedoch keinen Ausweg aus der Klimakrise. Produktion, Verteilung und Konsum nach menschlichen Bedürfnissen wie auch ein respektvoller Umgang mit der Natur erfordern daher einen Bruch mit der kapitalistischen Logik. Marx konnte zwar die aktuelle Klimakrise nicht vorhersehen, aber sein Werk liefert wichtige Anregungen für aktuelle Diskussionen um einen wünschenswerten Stoffwechsel von Mensch und Natur.


18 Uhr: Wer hat Angst vor Klimasozialismus? Über ein rechtes Phantasma

Zorti Schultheiß

„Was haben die eigentlich vor?“ fragt sich der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag Norbert Kleinwächter angesichts klimapolitischer Debatten im EU-Parlament. Wenn dort von sozial-ökologischer Transformation oder einem modernisierten Kapitalismus die Rede ist, dann – so wissen die Rechten – „meinen sie damit nichts anderes als eine totalitäre EU-Planwirtschaft!“. Hauptakteure sind dabei vor allem die Grünen, die für „Klimasozialismus“, „Ökodiktatur“ und „Enteignungsterror“ stünden, „totalitär“ und „heimatfeindlich“ seien. Das rechte Phantasma des Klimasozialismus schöpft aus einer Vielzahl an antikommunistischen Ressentiments und antisemitischen Bildern, um den Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel als Teil einer linken Verschwörung darzustellen. Im Vortrag sollen die zentralen Elemente des Feindbildes „Klimasozialismus“ und seine politische Funktion vorgestellt sowie gesellschaftstheoretisch und politisch eingeordnet werden.


Samstag 09.09.

11:30 Uhr: Klimakrise, Mobilität und öffentlicher Raum – eine antikapitalistische Kritik

no future for iaa

Die Greenwashing-Show der IAA stellt den Versuch dar, den Standort Deutschland und die Profite seiner Autoindustrie für die kommenden Jahrzehnte zu sichern. Nicht nur deshalb ist sie Zielscheibe unseres Protests und Anlass für unversöhnliche Interventionen. Mit der Ausbreitung ihrer Ausstellungsflächen über die gesamte Innenstadt, steht sie symbolisch für den kapitalistischen Zugriff auf unser aller Leben. Für uns sind Auseinandersetzungen um Klimagerechtigkeit immer verbunden mit weitergehenden sozialen Fragen. In Städten, besonders solchen wie München, stehen Diese im engen Zusammenhang mit dem Zugang zum immer knapper und teurer werden Wohnraum bzw. der Verfügung über die knappe Ressource des öffentlichen Raums. In dem Workshop werden wir vertieft auf den Zusammenhang von Klimakrise, Mobiliät und öffentlichem Raum eingehen.

15 Uhr: Autoaufkleber: Individualierungs- und Symbolpraktiken mit Autos.

Thadeus Wanna

Viel in letzter Zeit in der Klimagerechtigkeitsbewegung debattiert worden, dass das Auto nicht nur als klimaschäddlicher Technologie, sondern auch ein Symbol für Herrschaft und Ausbeutung darstellt. Die immer größer werdenden Karossen betreiben ein physische und symbolische Raumnahme, das Auto ist nicht zuletzt auch häufig stark vergeschlechtlichtes Symbol männlicher Herrschaft. Seine Rolle – insbesondere für die deutsche – Nationalseele, wie auch das Autofahren als selbstinszenierter Akt der konformistischen Revolte Rechter Akteur*innen. In diesem Workshop soll die Perspektive kleiner skaliert werden und das Auto selber als Träger von Symbolen, genauer Aufklebern, untersucht werden. Als Untersuchungsgegenstand bisher wissenschaftlich vernachlässig soll hier ein erster explorativer Versuch unternommen werden. Warum kleben Leute Sticker auf ihre Auto? Was sind die Bedeutungswelten, die damit transportiert werden? Welche politischen Bedeutungen lassen sich aus diesen Alltagspraktiken herauslesen? Der Workshop unternimmt, eine Reise in die deutsche (Klein-)Bürgerseele, untersucht die Grenzen des Geschmacks und liefert zahlreiche Bildmaterialien, die bisweilen verstören.

Einzelne Veranstaltungen können sich verschieben, weitere können hinzukommen. Haltet euch auf dem Laufenden!

Außerdem gibt es auf dem Camp weitere spannende Vorträge und natürlich Aktionstrainings, Infos zur rechtlichen Lage, Aktionsplena und vieles mehr.