Gegen Rassismus von Staat & Nazis! (04.01.2008)

Aufruf

Am Freitag, den 4. Januar 2008 wollen die Nazis der Münchner „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ gegen das, was sie „Ausländergewalt“ nennen, demonstrieren. Anlass gibt ihnen der Überfall auf einen Rentner in einer Münchner U-Bahnstation. Doch gegen diesen Aufmarsch regt sich antifaschistischer Widerstand.
Der Zeitpunkt und das Motto dieser Demonstration sind von der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“, die personell so gut wie deckungsgleich mit der Münchner NPD ist, nicht ohne Bedacht gewählt worden, appelliert es einerseits an die niedersten rassistischen Instinkte des neonazistischen Klientels und bildet andererseits große Schnittmengen mit bürgerlich-rassistischen Diskursen, wie sie momentan u.a. vom hessischen Ministerpräsidenten Koch, seinem bayrischen Amtskollegen Beckstein oder etwa der BILD-Zeitung geführt werden.
Zwei maßgeblich artikulierte Forderungen, sowohl des bürgerlichen Lagers, als auch der mehr oder minder offen neonazistischen Gruppen, sind die Verschärfung des Strafrechts, sowie die Abschiebung vermeintlich krimineller oder „nicht-verwertbarer Ausländer“. Ziel solch einer Debatte ist wohl kaum eine zukünftige Verhinderung ähnlicher Übergriffe, sondern der Wunsch zu strafen und Rache zu üben, wie auch die Selbstbestätigung im eigenen ressentimenthaften Denken. So ist nicht weiter verwunderlich, dass aus einer langen Liste von Übergriffen und Gewalttaten, gerade dieser von der politischen Rechten herausgegriffen wurde, um ihn nach allen Mitteln ihrer Kunst aufzubereiten. Besonders zu beobachten ist die massive Betonung der „nicht-deutschen“ Herkunft der Täter und der angeblichen Beschimpfung des Opfers als „Scheiß Deutscher“. Obwohl das für die objektive Betrachtung des Hergangs völlig unwichtig ist, werden durch die Verkürzung der Tat auf die konstruierten Gegensätze „Deutsch“ und „Ausländisch“ Projektionsflächen für rassistische Selbstbestätigung geschaffen. Das „Deutsche“ kann mit dem Opfersein gleichgesetzt werden, wohingegen das „Ausländische“, das „Fremde“ mit einer irrationalen Bedrohung assoziiert wird. Mit den realen Umständen der Tat hat dies dann kaum noch etwas zu tun und genau so wenig kann es zur zukünftigen Verhinderung von Gewalt dienen. Die eigene Ideologie bestätigend, werden einzig (nationale) Identitäten konstruiert, irrationale Bedrohungsszenarien geschaffen und rassistische Ausgrenzung weiter verstärkt. Interessant ist auch, dass ein Übergriff zweier Neonazis auf einen Fahrgast der S-Bahn, der diese aufgefordert hatte, das „Sieg-Heil“-Gegröhle zu unterlassen, im Juli 2007 nicht einen Bruchteil der medialen Aufmerksamkeit erregte. Das Opfer wurde mit mehreren gezielten Faustschlägen ins Gesicht traktiert. Eine Liste rassistischer und neonazistischer Gewalttaten ließe sich noch lange fortsetzen.
In einer Gesellschaft, die sich auf Gewalt gründet, ist eben diese nichts „Fremdes“, dessen Eindringen vorgebeugt werden kann. So werden u.a. tagtäglich Frauen sexistischer Unterdrückung ausgesetzt, so genannte „AusländerInnen“ rassistisch ausgegrenzt und Lohnabhängige aus kapitalistischer Notwendigkeit ausgebeutet. Diese mitunter gewaltsam aufrechterhaltenen gesellschaftlichen Unterdückungsverhältnisse produzieren als Konsequenz wiederum Gewalt.
Die Debatte um Abschiebung und die weitere Verschärfung der Lebensbedingungen für MigrantInnen, die einen großen Teil der Programmatik der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“, aber auch der nicht weniger rassistischen „Bürgerbewegung PRO München“, deren Spaltprodukt die BIA ist, bewegt sich auf einem ähnlichen Terrain. Die Forderung einer weiteren Ausweitung des schon jetzt absolut inhumanen und gewalttätigen Abschiebeapparates stellt auch in der aktuellen Debatte die ethnische Herkunft des Täters in den Vordergrund. Die Praxis des institutionalisierten Rassismus, sprich den Lagerzwang für MigrantInnen, Arbeits- und Reiseverbote für Flüchtlinge und weiterer staatlicher Zwangsmaßnahmen, ist nicht trennbar von dem der Nazis und umgekehrt. Die Nazis erkennen im staatlichen Rassismus eine teilweise Verwirklichung eigener Wünsche von rassistischer Ausgrenzung und Gewalt, die es aus ihrer Sicht zu verstärken gilt. Ebenso kann ihr Agieren und Intervenieren in gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen eben diese verschärfen. Die Verschärfung des Asylrechts kurz nach den Pogromen gegen MigrantInnen in Rostock-Lichtenhagen zu Beginn der 1990er kann hierfür als Beispiel dienen. Auch die Tatsache, dass sich inhaltliche Positionen der „bürgerlichen Rechten“, verkörpert durch Beckstein und Koch und neonazistischen Gruppen in diesem konkreten Fall kaum noch unterscheiden, bedeutet wohl kaum etwas Gutes. Es wundert mensch dann auch gar nicht mehr, wenn Nazis und die bayerische Polizei gemeinsam gegen engagierte AntifaschistInnen vorgehen, geschehen z.B. in Nürnberg, als die Polizei für Ermittlungen gegen linke AktivistInnen auf die Rechercheergebnisse der örtlichen Anti-Antifa-FotographInnen zurückgriff. Ähnliches passiert auch permanent auf Nazikundgebungen in München.


Sowohl die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“, als auch „PRO München“ wollen im März nächsten Jahres zu den Kommunalwahlen in München antreten, wozu sie jeweils im Vorfeld 1000 Unterstützungsunterschriften benötigen. Insofern versuchen beide Gruppierungen vehement den aktuellen rassistischen Diskurs zur Mobilisierung zu nützen. Als AntirassistInnen und AntifaschistInnen wollen wir ihnen einen Strich durch die Rechnung machen und jeder Form von Rassismus den Kampf ansagen.
Kein Naziaufmarsch am 4. Januar in München – Gegen Rassismus von Staat und Nazis!
Solidarität mit Migrantinnen und Migranten – Uneingeschränktes Bleiberecht für Alle!
Treffpunkt für alle Antifas: ab 14:00 Uhr am Sendlinger Tor. Antifademo ab 14:30, danach Aktionen gegen die Nazis.
Der Ermittlungsausschuss ist zu erreichen unter der Nummer 089 / 448 96 38
Für alle die erst später kommen können wird es einen Indymedia-Liveticker geben, der euch auf dem Laufenden hält.
Die Aktionen gegen den Naziaufmarsch werden unterstützt von:
antifa NT
a & p
AK Internationalismus
Antifajugend München
Mittwochskafe im Kafe Marat
Freitagskafe im Kafe Marat
Die Linke. München
Linksjugend [’solid] München