I can't dance if it's not my revolution! (2007)

Zur Debatte um den Song „Intifada“ (SKA-P)
Vor einiger Zeit kam es bundesweit in einigen linken Strukturen und Zusammenhängen zu einer Diskussion über den antisemitischen Gehalt des Songs “Intifada” der spanischen Band Ska-P. Aus aktuellem Anlass wollen wir diese Debatte auch in München anstoßen. Nicht nur, dass dieses Lied während den Protesten gegen die SiKo 2007 gleich zweimal vom Lautsprecherwagen gespielt wurde; auch bei linken Veranstaltungen in München war es in letzter Zeit öfter zu hören.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir wollen mit unserem Beitrag zu “Intifada” keinesfalls behaupten, dass diejenigen, die dieses Lied gerne hören, überzeugte AntisemitInnen seien. Viele werden sich wahrscheinlich den Text noch nicht einmal genauer angeschaut haben, frei nach dem Motto ”Eine ‘linke’ Band, die auch noch nett klingt, kann ja nicht scheiße sein…”.
Wir wollen unter Anderem mit diesem Text dazu anregen, eigene Codes, Verhaltensweisen und Denkschemata zu reflektieren; denn nicht alles, was unter dem Label “links” läuft, ist auch emanzipatorisch. Des Weiteren wollen wir mit diesem Text keine Positionierung unserer Gruppe zum Nah-Ost-Konflikt abgeben! Unser Anliegen ist vielmehr, eine sachliche Auseinandersetzung mit diesem Song und der darin zum Ausdruck kommenden Problematik anzustoßen.
Im Folgenden wollen wir auf einige spezielle Textstellen eingehen und daran unsere Kritik  erläutern.
Besonders klar ersichtlich an diesem Text ist die Täter-Opfer-Verkehrung und der Umgang mit dem Holocaust. In der ersten Strophe (Z.1-5) wird auf die Shoa, die industrielle Vernichtung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden, Bezug genommen und diese gleichzeitig als “imperialistischer Massenmord” (Z.2) bezeichnet. Gemeinsam mit der Band solle mensch “aus der Geschichte lernen” (Z.3). Doch die Besonderheiten des Holocausts, der eben antisemitisch, antiziganistisch, rassistisch, politisch und eben nicht rein imperialistisch motiviert war, werden nicht gesehen. Der Sänger macht auch keinen Unterschied zwischen der Bevölkerung Israels und den Opfer der Shoa. Jüdinnen und Juden sowie Palästinenser werden als homogenisierte Gruppen betrachtet. Dieser Logik folgend werden dann auch die “Opfer” der nationalsozialistischen Verfolgung zu “Henkern” um gelogen (Z.4). Diese Täter-Opfer-Verdrehung wird durch den Zusatz “alles hat sich verkehrt” (auch Z.4) noch einmal bekräftigt. Dem Holocaust wird hier also nur eine reine Alibifunktion zugeschrieben.
Im Refrain erfolgt ein klassisch antisemitischer Stereotyp. Israel als jüdischer Staat wird mit der jüdischen Religion (“Jahve”, Z.9, Z.18 und Z.32) gleichgesetzt, was natürlich auf Grund der heutigen Zusammensetzung der israelischen Gesellschaft eine völlig verkürzte Sichtweise ist.
Ein weiterer zentraler Aspekt des Songtextes sind die romantisierende Darstellung und der positive Bezug auf die 2. Intifada. Doch im Unterschied zur 1. Intifada verüben seit Beginn der 2. Intifada im Jahr 2001 nicht mehr fast ausschließlich islamistische Gruppen wie Hamas und islamischer Dschihad Selbstmordanschläge in Israel. Mittlerweile verüben auch die der Fatah nahestehenden al-Aqsa-Brigaden und die marxistisch-leninistische PFLP Selbstmordanschläge. Unter Einbeziehung dieses Hintergrunds lässt sich die “neue Intifada in Cisjordanien” (Z.19 und Z.33) unter keinen Umständen als bloßer Kampf von “Steinen gegen Gewehre” (Z. 19 und Z.33) bezeichnen, erst recht nicht als “Befreiung” (Z. 23 und Z.37),gerade unter dem Aspekt, dass die 2. Intifada zu großen Teilen von reaktionären Gruppierungen, die nichts mit Emanzipation oder gar “linken” Inhalten zu tun haben, getragen wird.
Durch die zentrale Textzeile “Wer hätte gedacht, dass aus David Goliath werden könnte” (Z.21 und Z.35) wird die Täter-Opfer-Verdrehung noch ein weiteres Mal bekräftigt und die tatsächliche Bedrohung durch SelbstmordattentäterInnen, die darauf abzielen, jüdische Menschen zu töten, geleugnet.
Der Sänger behauptet, er “verurteile lediglich Leid, Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch” (Z.26), kann diese jedoch nur auf israelischer Seite feststellen. Das Leid und Unrecht, das den Opfern von Selbstmordanschlägen widerfährt, lässt er vollkommen außer Acht.
Unter diesen Aspekten fordern wir, dass der Song “Intifada” der Band Ska-P nicht mehr in linken Zusammenhängen gespielt wird. Antisemitische Scheiße hat keinen Platz in linken, emanzipatorischen Strukturen; auch dann nicht, wenn sie musikalisch nett daher kommt und mensch super drauf tanzen kann.
Intifada by Ska-P (spanisches Original):
Seis miliones de judios aniquilados de la forma mas crual
Un genocido imperialista por ejercitos fascistas, de la historia hay que aprender.
Las victunas se han convertido en los verdugos se vuelven del reves.
Colonizando territorios Palestinos, de nuevo atentando a la sensatez
Muertos muertos en nombre de quien? Muertos muertos de israel de yave!
Que harias tu si te echaran de tu casa sin derecho a rechistar.
Pisoreando tu cultura, sumergido en la locura por perder la dignidad.
Palestina esta sufriendo en el exilio la opulencia de Israël.
Por un govierno prepotente, preparado para la guerra, por tu ya sabes quien.
Muertos muertos en nombre de quien?
Piedras contra balas una nueva intifada en Cisjordania, Gaza o Jerusalem.
Quien podia imaginar que David fuese Goliath?
Intifada, Intifada, Intifada, liberacion!
No cunfundas mi postura, soy ateo y no creo en ningun dios.
No diferencio a las personas por su raza, su cultura o su mierda de religion.
Solo cundeno el sufrimiento, la injustia y el abuso de poder.
Palestina es sometida a la mas terca de las guerras, la opulencia de israël.
Muertos muertos en nombre de quien?…
Piedras contra balas…

Intifada by Ska-P
(deutsche Übersetzung):
Sechs Millionen Juden grausam venichtet
Ein imperialistischer Massenmord, von faschistischen Armeen ausgeführt,
lasst uns aus der Geschichte lernen.
Die Opfer sind zu Henkern geworden, alles hat sich verkehrt,
Sie siedeln in palästinensischen Gebieten, wieder einmal ohne jede Vernunft

Tote, Tote, in wessen Namen? Tote, Tote, im Namen Jahves Israels!

Was würdest du tun, wenn sie dich aus deinem Haus vertreiben, ohne das Recht dich zu beschweren,
Auf deiner Kultur herum trampelten, dich im Wahnsinn zurück ließen, ohne jede Würde?
Palästina leidet im Exil unter dem Reichtum Israels,
Einer arroganten und mächtigen Regierung, die bereit ist gegen “Du-weißt-schon-wen” Krieg zu führen.
Tote, Tote, in wessen Namen? …
Steine gegen Gewehre, eine neue Intifada in Cisjordanien, Gaza und Jerusalem.
Wer hätte gedacht, dass aus David Goliath werden könnte?
Intifada, Intifada, Intifada, Befreiung!
Versteht mich nicht falsch, ich bin Atheist, glaube an gar keinen Gott,
Ich bewerte Menschen nicht nach Rasse, Kultur oder scheiss Religion,
Ich verurteile lediglich Leid, Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch,
Palästina leidet unter dem Schlimmsten aller Kriege, der Ausbeutung durch Israel.
Tote, Tote, in wessen Namen? …
Steine gegen Gewehre…