Gib mir irgendwas, das bleibt…

Redebeiträge zur Demo am 8. Mai 2009

Gib mir irgendwas, das bleibt…

Redebeitrag zur Demo am 8. Mai
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten!
Auch auf den Tag genau 64 Jahre nach der Kapitulation Nazideutschlands vor den alliierten Streitkräften und der Einnahme Berlins durch die Rote Armee entfalten neonazistische Parteien, Organisationen und Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor ihre Aktivitäten und werden dabei immer gewalttätiger. Immer wieder werden in Deutschland Menschen, die nicht in das beschränkte Weltbild der Nazis passen, schwer verletzt und mitunter auch getötet. Erst vor einer Woche wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer DGB-Demonstration zum 1. Mai in Dortmund von mehreren Hundert Neonazis mit Holzlatten und Knüppeln angegriffen, es gab mehrere Schwerverletzte. Besonders gefährdet sind stets Menschen mit Migrationshintergrund, Andersdenkende und -aussehende, Jüdinnen und Juden, Antifaschistinnen und Antifaschisten, Homosexuelle, aber auch viele Andere. Seit 1990 sind im wiedervereinigten Deutschland über 140 Menschen von Neonazis ums Leben gebracht worden, wobei die Dunkelziffer erheblich höher sein dürfte.
Das der Neonazismus kein “Ostproblem” oder ähnliches ist, beweist die wachsende Aktivität bayerischer und Münchner Neonazis. So wohnen im bundesweiten Vergleich die meisten NPD-Mitglieder in Bayern. Nazis konnten in München alleine im Jahr 2008 eine rege Tätigkeit entfalten: Am 4. Januar 2008 verbreitete die rechtsextreme “Bürgerinitiative Ausländerstopp” in der Münchner Innenstadt ihre Hetze gegen Migrantinnen und Migranten, im April wurde der schwul-lesbische “Christopher Street Day” von Münchner Nazis gestört und am 13. Juni wurde eine angeblich “linksextremistische” Informationsveranstaltung im Kafe Marat im Schlachthofviertel durch einen Naziaufmarsch belästigt. Während der Fußball-EM kam es zu einer Reihe rassistischer Übergriffe, die von der damaligen Nazikneipe “Fan Arena” im Hauptbahnhofviertel ausgingen. Anfang Oktober marschierten Faschistinnen und Faschisten Seite an Seite mit christlichen Fundamentalistinnen und Fundamentalisten gegen das Recht auf selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch durch die Stadt und am 15. November veranstalteten die Nazis ein so genanntes “Heldengedenken”, bei dem sie den deutschen Kriegsverbrecherinnen und Kriegsverbrechern des 2. Weltkrieges gedachten. Des weiteren führten sie natürlich noch eine Reihe kleinerer Aktionen durch, zum Beispiel Mahnwachen, Flugblattverteilungen, Konzerte und Fahrten zu Nazi-Events außerhalb. Außerdem betätigen sich insbesondere Münchner Neonazis rege im gesamten süddeutschen Raum.
Wir können und wollen diesem Treiben nicht mehr länger zusehen und haben uns deswegen dazu entschlossen, mit einer Demonstration am 8. Mai 2009, dem 64. Jahrestag der Befreiung Europas vom Faschismus, ein Zeichen gegen den Neonazismus zu setzen – eben gerade auch in München und Bayern als historische Ausgangspunkte des Nationalsozialismus. Der 8. Mai ist für uns Anlass, der Millionen Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken und daran zu erinnern, dass sich so etwas nie wiederholen darf. Wir wollen außerdem all jenen danken, die ihr Leben im Kampf gegen den Faschismus riskiert oder verloren haben, insbesondere denjenigen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern und Partisaninnen und Partisanen in ganz Europa, die für eine neue Weltordnung kämpften, in der der Faschismus mitsamt seinen Wurzeln vernichtet sein würde.
In München und im angrenzenden Umland hat sich in den letzten Jahren ein gewisses neonazistisches Personenpotentials etabliert, das trotz seiner inneren Zerstrittenheit immer wieder für Aufsehen sorgte. Grob gesagt, lässt sich die Münchner Neonaziszene in drei Fraktionen aufteilen: Die NPD, die mit ihrer Tarnliste “Bürgerinitiative Ausländerstopp” bei den Kommunalwahlen 2008 einen Sitz im Münchner Stadtrat erobern konnten; die so genannten “Freien Nationalisten München” um Philipp Hasselbach und Manuel Heine, die sich zwar im Auftreten am linksradikalen Style orientieren, aber zugleich stark mit der NPD kooperieren; sowie das “Freie Netz Süd” um Norman Bordin und Matthias Fischer, das die Zusammenarbeit mit der NPD ablehnt. Des Weiteren gibt es in München und Umgebung eine große Menge an rechter und neonazistischer Infrastruktur von teilweise bundesweiter Bedeutung, so zum Beispiel die Burschenschaft “Danubia” in Bogenhausen, die Verlagsgemeinschaft “Berg” in Inning am Ammersee und die Bundesparteizentrale der DVU in Pasing, um nur einige zu nennen. Außerdem fangen Neonazis mittlerweile auch an, im Umfeld des Traditionsvereins TSV 1860 München Fuß zu fassen. Von Neonazis geht also auch und gerade in München eine wachsende Gefahr für Migrantinnen und Migranten, politische Gegnerinnen und Gegner, Homosexuelle, Jüdinnen und Juden oder alle anderen Menschen aus, die nicht in ihr beschränktes Weltbild passen. Die Frage, wann es zum nächsten, mediales Aufsehen erregenden, faschistischen Übergriff kommt, ist nur noch eine der Zeit.
Der Faschismus als gesellschaftliches Phänomen braucht ein gewisses gesellschaftliches Klima als Nährboden und Rückzugsraum. Er entsteht und befindet sich nicht etwa am “Rand der Gesellschaft”, sondern treibt den autoritären, ausbeuterischen, rassistischen, antisemitischen, nationalistischen und sexistischen Normalzustand auf die Spitze. Gerade im CSU-Land Bayern, das in einer repräsentativen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftungzum Thema “Rechtsextremismus” im Bundesländervergleich am schlechtesten wegkommt, gibt es ein ziemlich großes Personenpotenzial, das geistig vom organisierten Neonazismus nicht mehr weit weg ist. Der Kampf gegen den Faschismus besteht für uns also nicht nur darin, konkret Naziaufmärsche oder ähnliches möglichst zu verhindern, sondern auch darin, eben diesen Normalzustand in Frage zu stellen und zu verändern. Weit verbreitete Ressentiments, wie zum Beispiel, dass “Ausländer uns die Arbeitsplätze wegnehmen”, Abtreibung und Homosexualität zum “Aussterben der Deutschen” führen würde, eine nationalistische Grundstimmung im Lande und der momentane äußerst autoritäre staatliche Sicherheitsdiskurs sorgen dafür, dass Neonazis als extremste Verkörperung dieser reaktionären Ideologien immer mehr an Zulauf und Wählerinnen -und Wählerstimmen gewinnen. Der Faschismus kommt also aus der Mitte der Gesellschaft.
Aber auch umgekehrt wird ein Schuh draus: Faschistinnen und Faschisten sind immer wieder in der Lage, die gesellschaftlichen Verhältnisse nach ihrem Willen zu beeinflussen und sie so zumindest teilweise umzugestalten. So können die neofaschistischen Pogrome Anfang der 90er Jahre unter anderem in Rostock, Hoyerswerda oder Solingen, durchaus als willkommener Vorwand für die faktische Abschaffung des Asylrechts im Jahre 1993 verstanden werden. Die jüngste, pseudo-antikapitalistische Agitation der Nazis gegen Hartz IV oder den G8-Gipfel in Heiligendamm zeigt zudem, dass den Faschistinnen und Faschisten durchaus auch eine wichtige gesellschaftliche Funktion in der Agitation, beziehungsweise im Kampf gegen soziale Bewegungen und die politische Linke zukommt. In dieser Agitation wird die Ursache für die weltweite, alltägliche Ausbeutung und Unterdrückung nicht in der kapitalistischen Wirtschaftsweise gesucht, sondern einzig und allein in antisemitischen und rassistischen Zuschreibungen. Alle Probleme werden demzufolge auf ideologisch konstruierte Sündenböcke, wie zum Beispiel “die Juden”, “die Ausländer” et cetera, abgeladen, wohingegen das den Missständen zu Grunde liegende Problem, die kapitalistische Wirtschafts -und Gesellschaftsordnung, unangetastet bleibt. Die herrschenden, kapitalistischen Verhältnisse finden so von Zeit zu Zeit durchaus Verwendung für Faschistinnen und Faschisten, wenn es darum geht, zum Beispiel rassistische Gesetze durchzusetzen oder linke, soziale Bewegungen zu schwächen. Es gibt dementsprechend eine beachtliche Wechselwirkung zwischen den herrschenden, gesellschaftlichen Verhältnissen und der politischen, extremen Rechten, die einen gewissen Rechtsruck der gesamten Gesellschaft zur Folge hat, welche diesen Rechtsruck wiederum eben auch immer wieder aufs Neue reproduziert.
Eine Folge dieser Zusammenhänge ist, dass immer, wenn irgendwo in der BRD Neonazis ihre menschenverachtende Propaganda tragen, ein riesiges, martialisches Polizeiaufgebot bereitsteht, um die Faschistinnen und Faschisten zu schützen und ihnen um jeden Preis eine ”ordnungsgemäße” Durchführung ihrer Veranstaltungen zu ermöglichen. Dabei werden immer wieder aufs Neue Antifaschistinnen und Antifaschisten abgefilmt, schikaniert, körperlich verletzt und kriminalisiert. Die Münchner Polizei ist dabei stets besonders eifrig, wenn es darum geht, Antifaschistinnen und Antifaschisten zu verprügeln und festzunehmen. Auch heute wird sie wieder alles dafür tun, das die Nazis auf dem Marienplatz möglichst ungestört die Opfer des Nationalsozialismus verhöhnen zu können. Nazimahnwachen und -Aufmärsche werden mit völlig unverhältnismäßigen Polizeiaufgeboten beschützt und durchgesetzt, selbst wenn die Anzahl der demonstrierenden Neonazis verschwindend gering ist. So wurde zum Beispiel während des Naziaufmarsches im Münchner Schlachthofviertel am 13. Juni letzten Jahres mehrere Antifaschistinnen und Antifaschisten grundlos brutal geschlagen und misshandelt. Während des neonazistischen “Heldengedenken” am 15. November in München wurden Antifaschistinnen und Antifaschisten stundenlang in insgesamt fünf Polizeikesseln festgehalten, während diejenigen, die sich noch außerhalb der Kessel befanden, von der Polizei geradezu durch die Innenstadt gejagt wurden. Wie über 2000 Polizistinnen und Polizisten beschützten den Naziaufmarsch, es kam zu über 90 Festnahmen. Entgegen der Schein-Bekenntnisse aus der offiziellen Politik wird couragiertes, antifaschistisches Engagement so nicht gefördert, sondern vielmehr von höchster Stelle verhindert und kriminalisiert.
Es wundert einen dann auch nicht, wenn die bayerische Landesregierung fragwürdige Konzeptlosigkeiten gegen Rechtsextremismus verabschiedet. So sieht das kürzlich vom bayerischen Innenministerium herausgegebene “Bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus” unter anderem auch vor, unter dem Deckmäntelchen des “Antifaschismus” auch so genannte “linksextremistische Treffpunkte” ohne nähere Begründung zu überwachen. Auch das kürzlich vom Bundesverfassungsgericht gekippte, neue bayerische Versammlungsgesetz wurde von CSU-Innenminister Herrmann als Instrument zur Verhinderung von Naziaufmärschen dargestellt, richtete sich aber faktisch vor allem gegen Gewerkschaften, soziale Bewegungen und Antifaschistinnen und Antifaschisten. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer besaß sogar die Frechheit, anlässlich der jährlichen Feier der Befreiung des Konzentrationslagers in Dachau vor “Extremismus von Rechts und Links gleichermaßen” zu warnen. Wir wollen an dieser Stelle nur daran erinnern, dass die Ersten, die 1933 ins KZ Dachau eingeliefert wurden, Kommunistinnen und Kommunisten, sowie Aktivistinnen und Aktivisten der Arbeiterbewegung waren und dass ganz “normale” Polizisten aus München und Bayern an ihnen de ersten Morde in Dachau verübten. Und dass der selige Franz-Joseph Strauß in der Zeit des Nationalsozialismus keinerlei Probleme mit der Obrigkeit hatte, brauchen wir wohl nicht extra zu erwähnen. Den staatlichen Stellen, die willkürlich Rechts- und Links-”Extremismus” als “verfassungsfeindlich” gleichstellen, geht es nicht um wirksame Strategien gegen faschistische Bestrebungen, sondern einzig und allein um die Aufrechterhaltung der momentanen gesellschaftlichen Machtverhältnisse mit polizeistaatlichen Mitteln. In einer Gesellschaft, in der jedes Jahr zig Millionen Euro öffentlicher Gelder zum Schutz von menschenverachtenden Hetzerinnen und Hetzer ausgegeben werden, kann etwas nicht stimmen! Wir finden, dass es langsam Zeit wird, über grundlegende gesellschaftliche Veränderungen nachzudenken…
Mit dieser Demonstration wollen wir nicht nur ein Zeichen gegen den Faschismus setzen, sondern auch gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse, die ihn hervorbringen und stark machen. Aus diesem Grund vermeiden wir bewusst einen positiven Bezug auf bürgerlich-kapitalistische Nationalstaaten und verzichten auf das Tragen ihrer Fahnen. Denn ein konsequenter Antifaschismus muss dort ansetzen, wo der Faschismus entsteht: Wir wehren uns gegen die alltägliche, weltweite kapitalistische Ausbeutung und gegen den rassistischen und sexistischen Normalzustand. Wir wehren uns weiter gegen die Kriminalisierung von Antifaschistinnen und Antifaschisten und dagegen, dass an jedem Wochenende irgendwo in der BRD Nazis von Polizistinnen und Polizisten geschützt werden. Der Kampf gegen den Faschismus und den Neonazismus – als der reaktionärsten Teile der politischen Landschaft hierzulande – ist für uns einerseits Selbstschutz, andererseits aber auch Mittel zur Entwicklung der Perspektiven einer befreiten, klassenlosen Gesellschaft, in der Ausbeutung und Unterdrückung aller Art keinen Platz mehr haben. Erst dann wird der Faschismus mitsamt seinen Wurzeln vernichtet worden sein.
Alerta Antifascista!

Gegen das Vergessen…

Dank an die antifaschistischen Partisaninnen und Partisanen
Einen entscheidenden Beitrag zur Befreiung vom Faschismus leisteten die verschiedenen Partisaninnen- und Partisanen-Bewegungen in vielen Ländern Europas. Wir wollen hier nur einige nennen:
Die Resistancé in Frankreich
Die Resistenza in Italien
Die Sowjetische Partisan_innenbewegungen
Die ZOB, die jüdische Kampforganisation im Warschauer Ghetto
Die Tito – Partisaninnen und Partisanen in Jugoslawien
Die ELAS in Griechenland
Die slowenischen Partisan_innen in Kärnten
Die Partisan_innenbewegung waren in ihren politischen Ausrichtung sehr heterogen, neben kommunistischen und anarchistischen Verbänden, die bis heute ein wichtiger Bezugspunkt für uns Antifaschistinnen und Antifaschisten sind, gab es auch konservative bis monarchistische Kräfte. Gemeinsam war ihnen der Kampf gegen die faschistische Aggression und Unterdrückung. Die Partisaninnen und Partisanen gründeten sich aus widerständischen Menschen aus der Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete, aus Gruppen von Deserteuren, aus Menschen, die sich der Zwangsarbeit für Nazideutschland oder dem Dienst in faschistischen Kollaborateur-Milizen entzogen, aus den Aktiven antifaschistischer Parteien und Arbeiter_innenorganisationen, aus geflohenen Kriegsgefangenen oder aus den Verfolgten des NS-Regime.
Ihr Vorgehen unterschied sich grundlegend von dem einer regulären Armee. Partisaninnen und Partisanen operierten in kleineren Gruppen, hauptsächlich in ländlicher beziehungsweise bergiger Gegend. Ein Vorteil der Partisaninnen und Partisanen war oftmals ihre genaue Ortskenntnis. Zu den von Partisanen durchgeführten Operationen zählten unter anderem Sabotageakte, militärische Aufklärung sowie die Bekämpfung der Kollaboration mit den Nazis. Sie führten Angriffe auf kleinere Verbände der deutschen Truppen und ihrer Verbündeten durch. Indem sie das besetzte Hinterland zum unsicheren Feindland für die Naziarmeen machten, eröffneten sie eine zusätzliche Kriegsfront. So banden sie Truppenkapazitäten der Deutschen und trugen wesentlich dazu bei, den militärischen Zusammenbruch Nazideutschlands an den Fronten und damit die Befreiung zu beschleunigen. Jüdische Partisaninnen -und Partisanenverbände leisteten bis zuletzt in den Ghettos in Polen, Weißrussland und Litauen erbitterten Widerstand gegen die Endlöser und verhalfen Menschen aus den Ghettos und Konzentrationslagern zur rettenden Flucht in Schutzquartiere in den Wäldern.
Vielerorts, zum Beispiel in Italien und in Jugoslawien, gab der Partisan_innenkampf über die Befreiung vom Faschismus hinaus wesentliche Anstöße für die Prozesse der gesellschaftlichen Demokratisierung und Emanzipation. Unter anderem dadurch, dass die starke Beteiligung von Frauen am Widerstand tradierte, patriarchale Rollenmuster in Frage stellte. Die Vision vieler Partisaninnen und Partisanen für die Zeit nach der Befreiung von der Naziherrschaft war der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft, für die allerdings in der westeuropäischen Nachkriegsordnung kein Platz vorgesehen war.
Die Partisaninnen und Partisanen wurden maßgeblich von Teilen der jeweiligen Zivilbevölkerung unterstützt. Das nahmen die Nazis als Anlass für grausame Massaker. Bis heute wurde der Großteil der Täter nicht zur Verantwortung gezogen. So erfreut sich Josef Scheungraber, 1944 als Kompaniechef der Gebirgsjäger an der Auslöschung des Dorfes Falzano in der Toskana beteiligt, bis heute eines ruhigen Lebensabends als Ehrenbürger von Ottobrunn.
Vielerorts wird bis heute den mutigen Frauen und Männern, die als Partisaninnen und Partisanen ihr Leben für die Befreiung vom Faschismus in die Waagschale geworfen haben, die verdiente Ehrung und Anerkennung verweigert. Ganz im Gegenteil: Immer noch wird der Widerstand der Partisaninnen und Partisanen diffamiert.
2008 hat die Staatsanwaltschaft in Litauen ein Ermittlungsverfahren gegen ehemalige jüdische Partisaninnen und Partisanen eröffnet. Aktuell wird in den litauischen Medien das negative Image jüdischer Partisaninnen und Partisanen konstruiert. Es sei daran erinnert, dass die jüdischen Partisaninnen und Partisanen zuvor Gefangene in den Ghettos waren, die von den deutschen Besatzern und ihren litauischen Kollaborateuren eingerichtet wurden. Es ist unfassbar, wie hier von rechtskonservativer Seite Täter -und Opferposition verdreht wird.
In Rom will der neofaschistische Bürgermeister Alemanno eine Straße nach Giorgio Almirante benennen, dem Gründer der Mussolininachfolgepartei Movimento Sociale Italiano, die sich 1994 in Alleanza Nazionale umbenannte und heute gemeinsam mit Berlusconi in der Regierung sitzt. Almirante war unter Mussolini Staatssekretär, führender Begründer von dessen Rassengesetzen und erließ noch kurz vor Kriegsende einen Genickschusserlass gegen Partisaninnen und Partisanen.
In Kärnten dem einzigen Teil des damaligen deutschen Reichsgebiet, wo es massenhaften Partisan_innenkampf gab, ist der deutschnationalistische Hass gegen die meist slowenischen Partisaninnen und Partisanen fest verankert im gesellschaftlichen Mainstream und wird auf Denkmälern an zentralen Plätzen zur Schau gestellt. Rechtsextreme Veteranen- und Heimatverbände genießen dagegen höchstes Ansehen.
In Deutschland selbst ist ein Andenken an den antifaschistischen Kampf der Partisaninnen und Partisanen ´kaum vorhanden. Entschädigung hat der Großteil der Überlebenden der NS-Verfolgung und des Vernichtungskrieges bis heute keine erhalten. Dagegen wird das Tätergedenken an die Kriegsverbrecher der Wehrmacht durch Politikerinnen und Politiker und Bundeswehrverbände Jahr für Jahr auf Volkstrauertagen oder bei Veteranenfeiern, wie dem Pfingsttreffen der Gebirgsjäger in Mittenwald, zelebriert. Wenn es um Widerstand geht, dann gedenkt man in Deutschland immer n och lieber Stauffenberg und Co. Als höchste Wehrmachtsgeneräle selbst lange genug am Vernichtungskrieg Nazideutschlands beteiligt, als denen, die als Partisaninnen und Partisanen die Waffe gegen den faschistischen Terrorstaat erhoben.
Wir fordern dagegen: Bestrafung von allen noch lebenden Tätern des Naziregimes und des Vernichtungskrieges! Entschädigung aller Opfer jetzt sofort!
Wir rufen euch auf: Kommt am 30. Mai, Pfingstsamstag, nach Mittenwald zum Protest und zur Zeitzeug_innenveranstaltung gegen die militaristische Traditionspflege der Gebirgsjäger!
Die Zerschlagung des Faschismus mit all seinen Wurzeln bleibt unser Ziel!
Unser Dank zum 8. Mai, dem Tag der Befreiung, gilt allen antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern!
Hoch die Partisan_innen!

Beitrag der r | am zum Thema Repression gegen jugendliche Antifas

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
Liebe Passantinnen und Passanten.
In unserem Redebeitrag wollen wir auf die immer mehr steigende Repression seitens der Polizei gegenüber jugendlichen Antifaschistinnen und Antifaschisten eingehen und ein paar spezielle Beispiele aufzeigen. Politisch interessierte Jugendliche sind in München von einer immer stärker werdenden Repression betroffen.
Ziel dieser ist es, Jugendliche, die politisches Interesse zeigen beziehungsweise politisch aktiv sind, einzuschüchtern und dadurch von emanzipatorischen Bewegungen fernzuhalten. So kommt es im Vorfeld von Demonstrationen und anderen Versammlungen fast ausnahmslos zu Vorkontrollen, die sich bis auf Leibesvisitationen ziehen können.
Bei diesen Kontrollen kann es passieren, dass politisches Infomaterial unter dem Vorwand der Gefahrenabwehr oder auf Grund fehlender Verantwortlicher im Sinne des Presserechts beschlagnahmt wird.
Auf Demonstrationen werden gelegentlich auch Aktivistinnen und Aktivisten laut mit Nachnamen angesprochen wodurch explizit einzelne Aktivistinnen und Aktivisten eingeschüchtert werden sollen. Des Öfteren werden linke Jugendliche provoziert und dabei sogar körperlich angegriffen um eine unüberlegte Reaktion zu provozieren.
Jugendliche werden mit einem aus der Luft gegriffenen Vorwurf festgenommen und auf der Wache und auf der Wache wird meistens der ihnen gesetzlich zustehende Anruf verweigert oder dafür Geld verlangt, selbst wenn es sich dabei um einen Anruf bei den Erziehungsberechtigten einer Minderjährigen oder eines Minderjährigen handelt. Beim Verhör wird bewusst Druck ausgeübt, Rechte verschwiegen sowie auf Nachfragen unglaubwürdige bis gar keine Auskünfte erteilt.
Im Anschluss kommt es meistens zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung, bei der bei Verweigerung von den ausführenden Beamtinnen und Beamten Gewalt angewendet wird.
Das wären jetzt nur einige Beispiele der Repression und davon sind nicht nur Antifaschistinnen und Antifaschisten betroffen. Diese Einschüchterungsmaßnahmen reihen sich ein in einen immer stärker werdenden Überwachungswahn, der selbst politisch nicht aktive Bürger zur potentiellen Gefahr erklärt, um eine Stimmung des Misstrauens innerhalb der Bevölkerung zu schüren. Doch wir lassen uns nicht einschüchtern und auf Grund unser politischen Meinung kriminalisieren.
Kriminell ist nicht der Widerstand, sondern das System!
NO JUSTICE NO PEACE, DON’T TRUST THE POLICE!

Redebeitrag der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrant_innen

Von Gerit Boekbinder
Gemeinsam mit allen Antifaschistinnen und Antifaschisten feiern wir am 8. Mai den Tag der Befreiung der Menschheit von der mörderischen Barbarei des Naziregimes. Die Erinnerung ist für uns auch heute Aufforderung zum Handeln, Aufforderung zur Zerschlagung des Faschismus mit all seinen Wurzeln. Ebenso wichtig, wie organisierten Nazigruppen keinen Zentimeter zu überlassen, ist es dabei für uns, menschenverachtenden rassistischen, antisemitischen und homophonen Ideologien und Praktiken entgegenzutreten. – gerade auch da, wo sie aus der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft kommen und staatlich organisiert sind. Für uns als antirassistisch Aktive ist ein Schwerpunkt unseres Handelns der Kampf gegen diskriminierende, rassistische und mörderische Ausländergesetzgebung und Flüchtlingspolitik.
Vieles von den Hassparolen faschistischer Organisationen, wie der NPD ist schon lange gesetzlicher Standard: Wenn die NPD fordert “Arbeit zuerst für Deutsche”, dann findet dies seine Entsprechung in Arbeitsverboten für Asylsuchende und “Geduldete” und in der Vorschrift, Arbeitsstellen vorrangig an Deutsche zu vergeben – mit dem Resultat, dass Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus entweder keinen Job kriegen oder nur die miesesten und schlecht bezahltesten Arbeiten tun müssen. Wenn die NPD-Tarnliste “Bürgerinitiative Ausländerstopp” Plakate mit dem Spruch “Gute Heimreise” verklebt, dann verhöhnt sie damit die Opfer deutscher Abschiebepolitik. Finsteres Paradebeispiel für das Zusammenwirken von mörderischem Naziterror und staatlicher Migrationspolitik war die unsägliche “Asyldebatte” Anfang der 90er Jahre: Nazis und ihre stolz-deutsche Unterstützerinnen und Unterstützer bereiteten mit den Pogromen wie in Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda und mit rassistischen Morden wie in Solingen den Boden für die Zerschlagung des Grundrechtes auf Asyl durch SPD und CDU/CSU.
Rassistische Gewalt und Morde sind keine alleinige Domäne der Nazibanden. Erinnert sei hier, neben vielen anderen, an Laya Kondés und Achidi John, die von deutschen Polizisten und Polizeiärzten in Bremen und Hamburg durch Brechmitteleinsätze zu Tode gefoltert wurden; an Dominique Koumadio, der in Düsseldorf von einem Bullen durch einen gezielten Schuss uns Herz ermordet wurde; an Oury Jalloh, der in Dessau in einer Polizeizelle an Händen und Füßen gefesselt lebendig verbrannte; an Maryama Sar, die in Aschaffenburg in ihrer Wohnung von Polizisten erschossen wurde; an Halim Dener, den Zivis in Hannover hinterrücks erschossen, als sie ihn beim Plakatieren für die kurdische ERNK erwischten; und an Aamir Ageeb, der bei seiner gewaltsamen Abschiebung durch Bundesgrenzschutzbeamte erstickt wurde. Bis auf die Mörder von Aamir Ageeb, die mit neun Monaten Bewährungsstrafe davonkamen, wurde keiner der Täter bis heute von einem deutschen Gericht verurteilt. Wir fordern endlich Aufklärung und Gerechtigkeit!
Wenn für die staatstragenden Parteien Hetze gegen Flüchtlinge als Wahlkampfthema im Vergleich zu den 90er Jahren in den Hintergrund getreten ist, dann hat dies wenig mit weiser Einsicht zu tun. Vielmehr hat es in Deutschland im Rahmen des EU-Migrationsregimes immer mehr geschafft, Flüchtlingspolitik an die Ränder und vor die Tore der Festung Europa out zu sourcen. Unter Inkaufnahme von Tausenden Menschen, die im Mittelmeer, im Atlantik oder in der nordafrikanischen Wüste ihr Leben verlieren, weil die Menschenjagd der EU-Grenzschützerinnen und- Grenzschützer und ihren Verbündeten die Flucht nach Europa zu einem immer gefährlicheren Unterfangen gemacht hat.
Diejenigen, die es trotzdem immer noch bis hierher nach Deutschland schaffen und hier einen Asylantrag stellen, werden von den deutschen Behörden zu einem rechtlosen Leben mit Duldungsstatus gezwungen; zu einem Leben in Sammellagern, oftmals in der tiefsten Provinz, wo niemand freiwillig hin will; zu einem Leben, bei dem die Angst vor der Abschiebung ständiger Begleiter ist.
Doch wir klagen nicht nur die Schlechtigkeit der deutschen und europäischen Zustände an, wir stellen uns der rassistischen Staatsgewalt aktiv entgegen und erstreiten, wo wir können, ein Stück menschenwürdiges Leben. Immer wieder haben wir es in den letzten Jahren geschafft, Abschiebungen aktiv zu verhindern. Durch den Protest von Flüchtlingen und ihren Unterstützer_innen gegen unwürdige Lebensverhältnisse mussten einige der schlimmsten Lager, zum Beispiel die Rosenheimer Straße und die Waldmeisterstraße in München, geschlossen werden.
Vom 11. bis 14. Juni ruft das Netzwerk “Deutschland Lagerland”, die “Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrant_innen”, der Bayerische Flüchtlingsrat und eine Reihe von antifaschistischen und antirassistischen Gruppen auf zu Aktionstagen für die Abschaffung der Lagerunterbringung von Flüchtlingen. Gemeinsam mit den Lagerbewohner_innen aus ganz Bayern wollen wir darum kämpfen, dass alle Lager geschlossen werden und Flüchtlingen nicht länger das selbstverständliche Recht verweigert wird, in einer Privatwohnung an einem Ort ihrer freien Wahl zu wohnen. Der Zeitpunkt dafür ist genau richtig, denn im kommenden Sommer wird der bayerische Landtag über die Zukunft der Unterbringung von Flüchtlingen in Bayern entscheiden. Lassen wir den Abgeordneten und den rassistischen Behörden keine Ruhe! Machen wir maximalen Druck! Schaffen wir gemeinsam die Lager ab!
Beteiligt euch an den Anti-Lager-Aktionstagen vom 11. bis 14. Juni!
Kommt vom 25. bis zum 31. August zum No-Border-Camp gegen das europäische Grenzregime auf der griechischen Insel Lesbos!
Verhindert Abschiebungen!
Fight Fortress Europe!
Kein Mensch ist illegal!

Fußballfans, Gewalt und Rassismus

Beitrag der Schickeria München
Die Begriffe Fußballfans, Gewalt und Rassismus werden von den bürgerlichen Medien bei jeder Gelegenheit in einen Topf geworfen. Bedient werden soll das in der Öffentlichkeit ohnehin schon weit verbreitete Bild vom rechtsradikalen Schläger in den Fankurven. Damit wird dann Repression der Polizei gegen aktive Fans gerechtfertigt. Diese Repression hat inzwischen eine unglaubliche Dimension erreicht. Eigentlich jedes Wochenende kommt es irgendwo in diesem Land zu unglaublichen Vorfällen. Fans werden in ominösen Dateien, wie der Datei “Gewalttäter Sport”, die auch Vorbild für die LIMO-Datei war, erfasst. Sie werden aus Stadien ausgesperrt, auf Auswärtsfahrten ihrer Freiheitsrechte und Würde beraubt und in martialischen Polizeikesseln festgehalten. Normale Fanutensilien wie Fahnen oder Trommeln fallen irrwitzigen Verboten und Regularien zum Opfer. In letzter Zeit kommt es immer öfter grundlos zu blanker Gewalt gegen Fans mit Knüppeln und Pfeffer. Einige dieser Vorfälle lassen sich auf dem Internetportal Fansmedia.org nachlesen, das eine Gegenöffentlichkeit zu eben jenen Klischees der bürgerlichen Medien und den Polizeiberichten schaffen soll. Warum sind die Fußballfans und speziell die Ultras so sehr in den Fokus der staatlichen Repression geraten? Einerseits dienen wir als Versuchskaninchen für neue Polizeitaktiken, Techniken und zu Trainingszwecken, schließlich haben wir in der Öffentlichkeit keinerlei Lobby. Mit der vor den gefährlichen Fußballfans erzeugten Angst lassen sich auch nur all zu gut neue Gesetze durchsetzen, die die Bürgerrechte immer mehr aushöhlen. Der Staat bereitet sich auf die sozialen Unruhen vor.
Andererseits begeistern Ultras inzwischen eine beachtliche Zahl Jugendlicher in ganz Europa, Ultras ist eine Jugendkultur geworden und damit im Fokus des Staates geraten, da dieser alternativen und kritischen Subkulturen abseits des Konsumterrors ablehnend gegenüber steht.
Auch wenn das in den bürgerlichen Medien gezeichnete Bild so nicht zutrifft, ist es natürlich nicht bestreitbar, dass es in unseren Stadien Probleme mit Rassismus und rechter Ideologie gibt. In manchen Szenen sind Begriffe wie “Jude”, “Zigeuner” oder “Schwuler” Schimpfwörter, mit denen der Gegner oder seine Gegner oder seine Fans in Sprechchören oder auf Spruchbändern angegriffen werden sollen. In vielen Fanszenen wird unter dem Deckmantel des “Unpolitischen” ein rechter Lifestyle toleriert, der sich zwar hauptsächlich im Tragen von szenetypischen Kleidungsmarken und dummen Sprüchen ausdrückt, durchaus aber von organisierten Nazis als Rückzugsraum genutzt wird. Nicht nur – wie in den Medien gerne behauptet – in den unteren Ligen in Ostdeutschland ist dieser Lifestyle schon im Mainstream angekommen; auch zum Beispiel in Nordhrein-Westfalen machen sich rechte Rattenfänger in den Kurven breit. Doch auch hier sind es oft gerade Ultras , die sich diesem menschenverachtendem Gedankengut in den Weg stellen. Sie kämpfen für den Erhalt einer Subkultur, die sich weder von Faschisten noch vom totalen Konsum -und Überwachungswahn kontrollieren lassen will. Ist rechtes Gedankengut in manchen Fankurven jetzt ein Problem des Fußballs, seiner Institutionen und der Fans? Keineswegs, denn die Fankurven sind nur das Spiegelbild der Gesellschaft. Auch in der Gesellschaft machen sich die Nazis immer mehr breit, führen immer aggressivere und offensivere Aktionen durch, die Menschen bedrohen, die nicht in ihr faschistisches Weltbild passen, und treten mit immer mehr Selbstvertrauen auf.
Wir wollen uns hinter diesem Argument aber nicht verstecken. Wir treten den Problemen da entgegen, wo wir sie vorfinden, in unserer Erfahrungswelt Stadion. Unsere Kurve ist bunt, hier ist kein Platz für Rassismus und rechte Ideologie. Aus diesem Grund engagieren wir uns schon seit Jahren gegen Rassismus und haben uns an der Gründung des Netzwerkes Alerta beteiligt. Ein Bündnis antifaschistischer Ultras aus ganz Europa, das mit Aktionen den Problemen des Fußballs – Rassismus und Repression – entgegen tritt.
Gegen Rassismus und Repression, Freiheit für die Kurve!
Wir sehen uns auf den Barrikaden, auf den Straßen und in den Kurven!
Alerta!

Zusammenfassung der Antirepressions-Beiträge

Die Repression, der alternative aussehende Jugendliche , Fußballfans, Antifaschistinnen und Antifaschisten und Migrantinnen und Migranten insbesondere in München ausgesetzt sind, ist Teil eines komplexen Panoramas der so genannten “Inneren Sicherheit”. In allen Bereichen dieser “inneren Sicherheit” rüstet der Staat auf und überwacht zunehmend das öffentliche und private Leben.
Immer mehr Menschen geraten ins Visier der staatlichen Überwachung, ohne jemals etwas verbrochen zu haben: Seien es Autofahrerinnen und Autofahrer, deren Kennzeichen beim Auffahren auf eine Autobahn lückenlos elektronisch erfasst werden, Hartz IV-Empfängerinnen und- Empfänger, denen bis in die eigene Wohnung hinterher geschnüffelt wird, oder Menschen, die sich als Migrantinnen und Migranten in einem europäischen Land niederlassen wollen und zum Teil jahrelang unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern zusammengepfercht werden. Es genügt mittlerweile auch schon, einfach bei einem Supermarkt, der Deutschen Bahn oder der Telekom zu arbeiten, um einer lückenlosen Bespitzelung ausgesetzt zu sein. An öffentlichen Plätzen werden Kameras aufgestellt, Handyverbindungsdaten und SMS-Inhalte von ALLEN Menschen werden verdachtsunabhängig jahrelang gespeichert, das Internet wird überwacht, die Polizei wird paramilitärisch hochgerüstet und ihre Befugnisse werden ständig erweitert und der Einsatz der Bundeswehr im Innern wird vorbereitet. Biometrie, RFID-Technologie und Online-Durchsuchungen – das sind die Stichwörter einer zunehmend totaler werdenden Überwachung aller Bereiche der Gesellschaft. Politisch missliebige Menschen werden in diversen Dateien registriert, in die kein Mensch Einblick hat. Der deutsche Inlandsgeheimdienst, euphemistisch “Bundesamt für Verfassungsschutz” genannt, überwacht willkürlich Menschen, die er für politisch gefährlich hält, ohne dass es eine effektive, öffentliche Kontrolle dieses Geheimdienstes gibt – oder auch nur wenigstens ein bisschen Einblick in seine Machschaften.
Die innere Aufrüstung, die wir im Moment erleben, ist Teil einer umfassenden autoritären Formierung der bürgerlichen Gesellschaft, mit dem Ziel einer absoluten Befriedung der Massen. Soziale Unruhen, Revolten, jede Opposition gegenüber den herrschenden, kapitalistischen Verhältnissen sollen zukünftig unmöglich gemacht werden – unter Zuhilfenahme aller verfügbaren technischen Mittel. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen wir gerade leben, in der die kapitalistische Weltordnung in eine existentielle Krise rutscht und der ihr innewohnende Zynismus immer offener zu Tage tritt, wird der Faktor Überwachung vermutlich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ein gutes Beispiel dafür, wie weit diese autoritäre Formierung vorangeschritten ist, ist das neue, erst kürzlich vom Bundesverfassungsgericht gekippte, bayerische Versammlungsgesetz. Hier werden Demonstrantinnen und Demonstranten quasi unter den Generalverdacht der Insubordination gestellt und der Willkür der staatlichen Organe mit hanebüchenen Paragraphen, wie zum Beispiel dem so genannten “Militanzverbot”, Tür und Tor geöffnet.
Doch wir – als Bündnis für diese Demo heute – wehren uns gegen diese totale Ausleuchtung des Menschen und dagegen, dass immer mehr völlig unbescholtene Menschen von privaten und staatlichen Schnüfflerinnen und Schnüfflern überwacht und kriminalisiert werden. Genauso wehren wir uns gegen die kapitalistische Klassengesellschaft, in der wir leben, in der wenige den weltweit produzierten, gesellschaftlichen Reichtum für sich beanspruchen, denn diese Klassengesellschaft bringt die genannten, höchst autoritären Tendenzen ursächlich hervor. Stattdessen fordern wir die Errichtung einer weltweiten, solidarischen und basisdemokratischen Gesellschaft, die ohne Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung aller Art auskommt und in der alle Menschen gleichermaßen vom vorhandenen und produzierten, gesellschaftlichen Reichtum profitieren können.