Hiermit dokumentieren wir den Aufruf des aka_muc zur Demonstration zum Tag der politischen Gefangenen im Rahmen der Aktions- und Veranstaltungswoche gegen Repression:
All The Arms We Need – Solidarität ist unsere Waffe!
Für emanzipatorische Bewegungen bedeutet politischer Alltag unter anderem massive staatliche Repression. Auch in München sind wir ständigen Gängelungen ausgesetzt. Allein im letzten halben Jahr wurde der Infoladen des Kafe Marat vier mal nach der Berliner Szenezeitschrift „Interim“ duchsucht. Auffällig ist, dass diese Razzien oft zeitnah zu politischen Aktionen stattfanden. Außerdem werden seit Jahren duch das neue bayerische Versammlungsgesetz politische Aktionen erschwert.
Die Repressionsmaßnahmen der Polizei scheinen häufig völlig willkürlich und ohne nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen angeblichen Straftaten und den Beschuldigten vollzogen zu werden.
„Alles Extremismus oder was?!“
Antifaschistische Intiativen werden zunehmend unter den Generalverdacht des „Linksextremismus“ gestellt wie beispielsweise das Münchener a.i.d.a. Archiv (antifaschistische Informations-, Dokumentations und Archivstelle). Seit Neuestem müssen Initiativen gegen Rechts, um weiterhin staatliche Fördermittel zu erhalten, oftmals nachweisen, dass sie nicht mit „Linksextremisten“ zusammenarbeiten.
Diese Maßnahmen beziehen sich auf die sogenannte Extremismustheorie. Hierbei wird von politischen Extremen ausgegangen, die von einer angeblich „demokratischen Mitte“ abweichen und diese bedrohen.
Linksradikale Gesellschaftskritik und antifaschistischer Widerstand werden mit dem Denken und Handeln der Nazis gleichgesetzt. Damit soll verschärfte Repression gegen Links öffentlich legitimiert werden. Das Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus keineswegs nur bei Rechten vorzufinden sind, sondern durchaus fester Bestandteil dieser Gesellschaft wird verschleiert oder sogar ganz ausgeblendet.
Die Extremismustheorie dient der Aufrechterhaltung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Sie kreiert eine vermeintlich politische Mitte, welche keine anderen Gesellschaftsentwürfe duldet.
Menschen mit linskradikalen Perspektiven und emanzipatorischen Lebensentwürfen, deren politisches Ziel es ist, die herrschenden Verhältnisse zu überwinden und die den kapitalistischen Normalzustand in Frage stellen, werden mit Neonazis in einen Topf geworfen und müssen mit massiver Repression und Kriminalisierung rechnen.
Stop deportation!
Repression und die daraus folgende Gewalt gehen häufig einher mit rassistischen und nationalistischen Motiven. Besonders bedroht sind Flüchtlinge und andere Menschen ohne deutschen oder europäischen Pass. Das Leben in Flüchtlingslagern ist ohnehin schon einem Gefängnis ähnlich. Dabei stellen die Zustände in deutschen Flüchtlingslagern alles andere als eine Ausnahme dar. Zusammengepfercht auf engstem Raum, oft unter schlechten hygenischen Umständen und ohne finanzielle Mittel sind die Menschen durch die sogenannte Residenzpflicht gezwungen, häufig jahrelang, ohne Arbeitsgenehmigung und Recht auf Bildung an einem Ort zu bleiben. Nicht einmal die Nahrungsmittel können selbst gewählt werden. Durch Hungerstreiks und Essenspaketboykotte konnte bisher noch keine Veränderung erzielt werden. Zudem müssen sie ein Leben der Perspektivlosigkeit und in ständiger Angst vor der drohenden Abschiebung führen. Abschiebehaft und Abschiebung bedeutet für die meisten Verfolgung, Krieg und extreme wirtschaftliche Not. Viele erwartet nach der Abschiebung der sichere Tod.
Das System „Knast“ überwinden!
Neben Abschiebungen gelten Zwang und Fremdbestimmung für die Mehrheit der Gesellschaft als legitime Möglichkeit mit Problemen und sozialen/wirtschaftlichen Konflikten umzugehen. Die meisten Gefangenen sind „soziale“ Gefangene, die um ihre Existenz zu sichern gezwungen sind, Repression zu riskieren.
Dabei ist der Knast in dieser Gesellschaft der größtmögliche Freiheitsentzug und die letzte Stufe der stattlichen Repression um den kapitalistischen Normalzustand und die „Ordnung“ aufrechtzuerhalten. Knast ist Isolation, Gewalt und die totale Fremdbestimmung.
Identität und Privatleben tauschen die Gefangenen gezwungenermaßen an der Pforte in eine Nummer und einen streng geregelten, überwachten und normierten Alltag ein. Die Auswegslosigkeit zieht sich durch alle Strukturen des Systems „Knast“. Mensch büßt nicht nur den Großteil der Grundrechte ein, sondern auch jegliche Möglichkeit über die eh schon vorgegebenen Lebensweisen selbst zu bestimmen.
Wie es sich anfühlt gefangen zu sein, die Welt nur noch durch ein Schlüsselloch zu sehen, das wissen nur die, die „Drinnen“ sind. Aber auch hier „Draußen“ spüren wir die Fesseln einer Gesellschaftsform, welche auf Macht und Unterdrückung basiert. Die Lebensbedingungen ähneln sich innerhalb wie außerhalb immer mehr. Tägliche Überwachung ist Normalzustand, wird zum schutz der Allgemeinheit sogar gefordert und weitgehen akzeptiert.
„Im Gefängnis ist Zeit Verlangen. Es ist warten. Warten auf Etwas, das das Warten durchbricht. Es ist Warten auf Leben. Auf Etwas, das du fühlst. Auf Etwas, das dich inspiriert. Auf Etwas, das dich weiterbringt, trotz der schleppenden Routine, trotz der toten Umgebung. Es ist Warten und Suchen nach einer Befestigung deines Mensch-Seins. Dort, wo das Gefängnis dich zerstören will, dich unterwerfen will, dich resozialisieren will. Es ist dort, wo du ihre Lügen und Widersprüchlichkeiten duch deine Ohnmacht schneiden fühlst. Es ist dort, wo das Tuch des Spektakels fällt und der Knüppel tastbar wird. Den Knüppel, den wir alle kennen, aber nicht immer sehen oder sehen wollen.“
(Zitat aus „Risse in der Mauer“ aus Belgien)
Im schlimmsten Fall wird der im Zitat beschriebene Zustand des Wartens durch den Tod durch die Todesstrafe beendet.
Menschen, die aufgrund eines Regelverstoßes ins Gefängnis müssen und in vielen Ländern dafür sogar mit ihrem Leben bezaheln, dienen als abschreckendes Beispiel für den Rest der Gesellschaft. Dadurch findet eine Trennung in „gut“ und „böse“ statt. Ebenfalls soll auf diese Weise ein Gefühl von Sicherheit vermittelt werden, da eine vermeintliche Bedrohung der Gesellschaft weggesperrt wurde. Konflikte werden nicht ausgetragen, nach Ursachen und Hintergründen wird nicht gefragt. Die Probleme werden gleichfalls weggeschlossen.
Am 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen, wird weltweit Solidarität mit Aktivist_innen in den Gefängnissen und den Betroffenen von politisch motivierter Repression ausgedrückt. Dabei wollen wir diejenige nicht vergessen, die nicht als „politische Gefangene“ bezeichnet werden.
Gegen staatliche Repression und Rassismus setzen wir unsere Solidarität!
Gegen Grenzen, Knäste und die Welt, die sie benötigt!
Seit fast 150 Jahren steht der 18. März für die Kämpfe und das Aufbegehren gegen politische Repression und Unterdrückung emanzipatorischer Bewegungen.
Der 18. März steht seit 1848 für die revolutionären Kämpfe in Paris und Berlin, welche sich gegen die absolutistische Herrschaft und auch gegen die neu entstandene Bourgoisie richteten.
Am 18. März 1871 übernimmt die französische Nationalgarde die Pariser Kommune, in der versucht wurde nach basisdemokratischen Vorstellungen zu leben. In der sog. blutigen Maiwoche fand der Aufstand der Pariser Kommune ein jähes Ende. Unter dem Befehlshaber Marshall Marc Mähen wurden mehr als 30.000 Menschen ermordet. Mehr als 40.000 Menschen wurden in den Gefängnissen von Versailles, Chateau d’It oder Donjon von Vincennes inhaftiert, gefoltert und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.
Der 18. März wurde seitdem als Tag der Pariser kommune bezeichnet. 1922 beschloss der 4. Weltkongress der kommunistischen Internationalen roten Hilfe die Durchführung eines Tages der politischen Gefangenen. Bis in die 30er Jahre gingen seitdem Menschen in aller Welt für dien Opfer politischer Justiz auf die Straßen, beispielsweise für die unschuldig in den USA veruteilten Anarchos Sacco und Vanzetti.
Der Tag der politischen Gefangenen wurde durch das NS-Regime verboten. Erst in den 90er Jahren wurde der Tag der politischen Gefangenen wieder aufgegriffen. Seitdem gehen wieder Menschen in aller Welt auf die Straßen um ihre Solidarität mit den politisch Unterdrückten und Inhaftierten auszudrücken.